
Die ehemalige Papierfabrik in Neu Kaliß
19.11.2018 · Gernold Stier hat fast 40 Jahre in der Papierfabrik Neu Kaliß gearbeitet. Er gibt spannende Einblicke in die wechselvolle Geschichte der Papierherstellung, des Unternehmens und der Betreiber.
Interview mit Gernold Stier
Interview mit Gernold Stier
Autorin: Antje Hinz
Neu Kaliß ist ein alter und traditioneller Standort für die Papierherstellung in der Griesen Gegend. Bis heute zeugen eine alte Industrieruine und ein turmhoher Schornstein aus Backstein von über 200 Jahren industrieller Betriebsamkeit.
Die Anfänge der Papierproduktion
1799 wurde hier – wegen der günstigen Lage am Neue Elde Kanal – die erste Papiermühle errichtet. 1871 begann die erste maschinelle Papierfertigung. Felix Schoeller & Theodor Bausch gründeten ihre Feinpapierfabrik. Sie stellten Qualitätspapiere mit Wasserzeichen her, dem Stierkopfs-Wappen Mecklenburgs, und exportiert sie bis in die USA.
Neuanfang nach dem 2. Weltkrieg
Unterbrochen von beiden Weltkriegen und anschließender Enteignung und Demontage der ursprünglichen Maschinen gelang 1949 ein Neuanfang. Mitarbeiter des volkeigenen Betriebes VEB Feinpapierfabriken entwickelten aus alten Maschinenteilen und Schrotteisen mit Improvisationskunst und Kreativität eine neue Papiermaschine, die PM1.
Nach dem Mauerfall wurden die Geschäfte von der Feinpapier GmbH weitergeführt. Ein neues Fabrikgebäude entstand Anfang der 90er Jahre für die heutige Spezialpapierfabrik. Sie wurde 1992 der Melitta Unternehmensgruppe angeschlossen.
Papierherstellung im Museum
Diplom-Ingenieur Gernold Stier hat fast 40 Jahre in der Papierfabrik Neu Kaliß gearbeitet, zuletzt bis November 2012 als Leiter für Finanzen, Einkauf und Personal in der Spezialpapierfabrik am neuen Standort. Sachkundig erzählt Stier von der wechselvollen Zeiten und den Umbrüchen der Papierherstellung in der Griesen Gegend. Das Regionalmuseum in der ehemaligen Dorfschule Kaliß zeigt eine Ausstellung zur Geschichte der Papierfabrik.
Ich war von 1967 bis 69 Lehrling im Büro dieses (damals VEB) Feinpapierfabriken Neu Kaliß. Oft bin ich durch die großen Werkshallen gegangen und ließ mir auch an den riesigen Papiermaschinen die Herstellung von Papier erklären. Es war für mich als junge Auszubildende schwer beeindruckend, wie aus „Matschepampe“ hundert Meter weiter riesige Rollen blütenweißes Qualitätspapier entstehen. Ich denke immer wieder gern an diese Zeit zurück.
Ein sehr ehrwürdiger Fabrikkomplex. Sehr schade, dass es dem Verfall überlassen ist.
Mein Großvater, der früher viel gezeichnet hat und dieses Talent an mich vererbt hat, hat mir seine alten Zeichenblöcke vermacht, 2 Stück, allesamt von den VEB Feinpapierfabriken Neu Kaliß. Zweimal feines transparentes Zeichenpapier, 29,7x42 cm und 21x29,7 cm.
Es hat eine sehr gute Qualität und das trotz des Alters das es inzwischen hat.
Ich nutze es sehr gern.